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Auch ein 4-Bett Zimmer ist ein Doppelzimmer

Mehrdeutiger Begriff bei Hotelbuchung: Was ist unter einem „Doppelzimmer“ zu verstehen?

 

Im Streit um Ansprüche aus einem Reisevertrag wies das Amtsgericht München eine Klage auf Zahlung von 2.592,60 EUR ab.

Die Klägerin hatte bei der Beklagten für sich, ihren Ehemann und sechs Mitreisende einen achttägigen Aufenthalt mit Vollpension in einem 4-Sterne Hotel in Italien für Anfang Oktober 2022 zum Preis von 648 EUR pro Person gebucht. Der Gesamtpreis der Reise betrug 5.184 EUR.

Zwischen den Parteien war streitig, was unter der Buchung eines „Doppelzimmer“ zu verstehen war. 

 

Reiserecht

Im Frühjahr 2020 annullierte die Lufthansa AG Flüge wegen der Corona-Pandemie. Ein neuer Flug war nur kostenlos, wenn er in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang stand. Das sei aber so nicht okay, urteilte nun der BGH.

 

 

Reisende, deren Flug annulliert wird, können selber bestimmen, wann sie einen kostenlosen Ersatzflug antreten und müssen dafür keine Zuzahlung leisten. Voraussetzung dafür ist lediglich, dass Plätze verfügbar sind. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) nach Angaben eines BGH-Sprechers am Dienstag in Karlsruhe (Urt. v. 27.06.2023, Az. X ZR 50/22).

Im vorliegenden Fall hatte die Lufthansa wegen der Coronapandemie im März und April 2020 zahlreiche Flüge annulliert. Als zwei Fluggäste jeweils auf einen Flug einige Monate später umbuchen wollte, wollte die Lufthansa dies nur gegen Aufpreis ermöglichen. Dagegen war die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen vorgegangen. In den Vorinstanzen war sie unterlegen. Der BGH sah dies nun anders und untersagte der Fluglinie das bisherige Vorgehen.

juni
2023

Arbeitsunfall zu Hause

Unfall beim Homeschooling gilt als Arbeitsunfall

Sozialgericht München (Az.: S 9 U 158/22)

Stacy Strauchel* ist Schülerin, 13 Jahre alt und während der Corona-Pandemie, genau wie ihre Mitschülerinnen und Mitschüler, auf Online-Unterricht von zu Hause angewiesen. Wie üblich nimmt sie auch an diesem Tag daran teil, will aus dem Regal ein Buch holen und stolpert. Das Mädchen erleidet Verletzungen im Gesicht. Ihre Eltern wollen das Ereignis bei der gesetzlichen Unfallversicherung als Arbeitsunfall geltend machen. Die Versicherung lehnt allerdings ab. Die Begründung: die Schülerin sei ohne Beaufsichtigung und Anleitung durch die Schule gewesen. Kameras und Mikrofone seien ausgeschaltet gewesen.

Das sehen die Richter des Sozialgerichts München allerdings anders: "Das Buch zu holen, steht im Zusammenhang mit dem Unterricht. Die Lehrkraft konnte trotz ausgeschalteter Kameras und Mikrofone Kontakt zur Schülerin aufnehmen. Außerdem hat der Gesetzgeber die Vorschriften zur Unfallversicherung geändert, sodass die Arbeit im Homeoffice nun in gleicher Weise versichert ist wie die Arbeit im Betrieb vor Ort."

Ein Unfall beim Online-Unterricht gilt als Arbeitsunfall.


2023

Einbauküche - Werkvertrag?

Verpflichtet sich ein Unternehmer zur Lieferung und Montage einer
Sache, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die rechtliche Einordnung des Vertragsverhältnisses als Werkvertrag oder als Kauf-
vertrag mit Montageverpflichtung (§ 434 Abs. 2 BGB) darauf an, auf welcher der beiden Leistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt
liegt. 

Je mehr die mit dem Warenumsatz verbundene Übertragung von Eigentum und Besitz der zu montierenden Sache auf den Vertragspartner im Vorder-
grund steht und je weniger dessen individuelle Anforderungen und die geschuldete Montage- und Bauleistung das Gesamtbild des Vertragsverhältnisses prägen, desto eher ist die Annahme eines Kaufvertrags mit Montageverpflichtung geboten. 

Liegt der Schwerpunkt dagegen auf der Montage- und Bauleistung, etwa auf Einbau und Einpassung einer Sache in die Räumlichkeit, und dem damit verbundenen individuellen Erfolg, liegt ein Werkvertrag vor. 

Kein Zwangsgeld bei unterlassenem Heckenrückschnitt

Verpflichtet sich ein Nachbar zum Heckenrückschnitt und kommt dieser der Verpflichtung nicht nach, kann gegen ihn kein Zwangsgeld (§ 888 ZPO) verhängt werden. Da der Rückschnitt nicht durch den Nachbarn persönlich vorgenommen werden muss, kann eine Ermächtigung zur Selbstausführung beantragt werden  (§ 887 ZPO), entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit heute veröffentlichter Entscheidung.  

Die Parteien sind Nachbarn. Die Klägerin verpflichtete sich im Rahmen eines Vergleiches, „die sich über die Länge der überdachten Terrasse der Beklagten ziehende Bepflanzung auf ihrer Seite auf eine Höhe von 2,50 m zu kürzen und auf dieser Höhe zu halten“. Die Beklagten rügen, dass die Klägerin ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen sei. Sie beantragten deshalb zur Erzwingung des Rückschnitts die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen die Klägerin, hilfsweise Zwangshaft. Das Landgericht war diesem Antrag nachgekommen und hatte ein Zwangsgeld i.H.v. 500 €, ersatzweise für den Fall fehlender Beitreibbarkeit einen Tag Zwangshaft verhängt.

Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte vor dem Oberlandesgericht Erfolg. Die Verhängung eines Zwangsgeldes zur Erzwingung der vergleichsweise übernommenen Verpflichtung sei hier rechtswidrig. Die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich beziehe sich nicht auf eine mittels Zwangsgeld durchsetzbare sog. nicht vertretbare Handlung. Der Rückschnitt der Bepflanzung müsse nicht durch die Klägerin persönlich, sondern könne auch durch Dritte erfolgen. Damit liege eine sog. vertretbare Handlung vor. Für die Beklagten sei es rechtlich und wirtschaftlich ohne jede Relevanz, wer die Arbeiten vornehme. Die Beklagten könnten folglich vor dem Landgericht beantragen, ermächtigt zu werden, die erforderlichen Maßnahmen - unter Einhaltung der naturschutzrechtlichen Grenzen - selbst zu ergreifen. Soweit für die Vornahme der Arbeiten das Betreten des Grundstücks der Klägerin erforderlich sei, könnte auch eine entsprechende Duldungsverpflichtung mit ausgesprochen werden.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 24.3.2023, Az. 26 W 1/23
(vorausgehend Landgericht Hanau, Beschluss vom 19.12.2022, Az. 9 O 840/21)

Umgangsrecht des leiblichen Vaters kann wegen Kindes­wohl­gefährdung verweigert werden

 

Gefährdung eines intakten und stabilen Familienverbands kann Umgangsrecht entgegenstehen

Einem leiblichen Vater kann das Umgangsrecht mit seinem Kind verweigert werden, wenn dadurch der intakte und stabile Familienverband, in dem das Kind lebt, gefährdet wird. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall machte ein Mann sein Umgangsrecht hinsichtlich eines sechsjährigen Kindes geltend. Er behauptete der leibliche Vater des Kindes zu sein. Da das Kind aber in einer Familie mit weiteren sechs Geschwistern sowie seiner Mutter und seinem vermeintlichen Vater lebte, wurde ihm der Umgang verweigert. Daraufhin kam der Fall vor Gericht.

Umgangsrecht bestand nicht

Das Oberlandesgericht Bamberg entschied gegen den Mann. Er habe keinen Anspruch auf Umgang mit dem Kind zugestanden. Ein solcher Anspruch habe sich mit Blick auf die Entscheidung des EGMR vom 21.12.2010, Az.: 20578/07, allein daraus ergeben können, dass er sich nachweisbar ernsthaft um einen Kontakt zum Kind bemühte, dies aber am Widerstand der Mutter bzw. der rechtlichen Eltern scheiterte. Zudem sei aber Voraussetzung, dass der Umgang dem Kindeswohl dient. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.

Klärung der Vaterschaftsfrage widerspricht Kindeswohl

Allein die Klärung der Vaterschaft zum Kind habe aus Sicht des Oberlandesgerichts dem Kindeswohl widersprochen. Das Kind habe in einem intakten und stabilen Familienverband gelebt. Dieser Verband wäre gefährdet worden, würde es zu einer positiven Feststellung der Vaterschaft des Mannes kommen. Es sei nach der Anhörung des Kindes sicher gewesen, dass dieses in der Familie gut integriert war sowie sich beschützt und aufgehoben fühlte. Das Kind habe den rechtlichen Vater als seinen Vater angesehen. Zudem habe die Vaterschaftsfrage zu einem Vertrauensbruch zwischen den Eheleuten und somit zu einer Trennung führen können. Dadurch würde es zu einer Auflösung des Familienverbands und zum Verlust der vertrauten Beziehungen kommen.

Kindeswohlgefährdung bei Einräumen des Umgangsrechts

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sei darüber hinaus eine Kindeswohlgefährdung zu befürchten gewesen, wenn man dem Mann bei festgestellter leiblicher Vaterschaft ein Umgangsrecht eingeräumt hätte. Denn zum einen habe zwischen dem Mann und den rechtlichen Eltern des Kindes keine Kommunikationsbasis bestanden. Vielmehr haben sich die Parteien ablehnend bis feindselig gegenübergestanden. Zum anderen sei zu erwarten gewesen, dass der Mann über den Umgang einen negativen Einfluss auf das Familienleben nehmen wird. So habe die Gefahr bestanden, dass das Kind in seinem Verhältnis zu seinem rechtlichen Vater verunsichert wird. Dies habe zu Anspannungen bei den rechtlichen Eltern und damit zu einer Destabilisierung des Familienverbands führen können. Dies habe nicht dem Bedürfnis des Kindes nach Geborgenheit und Sicherheit entsprochen.

2023